Bergwerksdirektion Saarbrücken
Baubeschreibung
Marlen Dittmann
Die Bergwerksdirektion wurde 1877-1880 auf einem spitzwinkligen Grundstück
zwischen Trierer Straße und Reichsstraße als Verwaltungsgebäude
für den Saarbergbau errichtet. Architekten waren die Berliner Martin
Gropius und Heino Schmieden.
Das Grundstück war Ausgangspunkt für die Grundrissdisposition
des Gebäudes als eine das Dreieck nachzeichnende Zwei-Flügelanlage.
Die Besonderheit dabei ist: die Flügel stoßen nicht aufeinander,
sondern sind in ihrer Spitze abgeschnitten, so dass eine dritte Straßenfront
entstehen konnte. Sie wird zum herausgehobenen Mittelpunkt der gesamten
Baufigur und ein weithin sichtbarer betonter Blickpunkt. Davor wurde ein
dreieckiger Vorplatz mit Brunnen angelegt. Er wurde in späteren Jahrzehnten
zu einem Verkehrsknotenpunkt und immer wieder verändert.
Die Bergwerksdirektion zeichnet eine straffe, einheitliche Baugestalt
mit kompakten festumrissenen Körpern aus. Die Wechsel von 7-achsigen
Rücklagen und leicht vorspringenden überhöhten Pavillons
sind klar voneinander abgesetzt durch Eckrustika, Kranzgesims, Walmdach. Fenster,-
Portaldetaillierung usw. erfolgte im Rundbogenstil. Das Gebäude war
mit natürlich belassenen Sandsteinquadern verblendet und zeichnete
sich durch eine differenzierte, aufeinander abgestimmte Farbgebung aus.
Alle Flächen zeigten den gelblich-weißen einheimischen Sandstein.
Die architektonische Gliederung sowie die Wappenschilder bestanden aus
dem gleichmäßig hellrot gefärbten Kaiserslauterer Sandstein,
während der Figurenschmuck und die Medaillonportraits aus französischem
weißem Kalkstein gearbeitet waren. Dies ist heute wegen eines Farbanstrichs
nicht mehr erkennbar.
Eine repräsentative Wirkung war für ein Verwaltungsgebäude
Pflicht. Sie erfolgte u.a. durch den außergewöhnlichen Haupteingang,
der durch Arkaden und Loggia betont wurde und nicht wie üblich, durch
einen Portikus. Dadurch wirkt er offener und freier und verzahnt sich
besser mit dem Stadtgefüge.
Dem damaligen Verständnis von Repräsentation entsprach die
Sandsteinfassade in Quadertechnik. Nur sie galt als vornehm. Das Selbstverständnis
des Bauherrn wurde auch durch den ornamentalen Schmuck, sowie die Materialität
des Hauses zum Ausdruck gebracht. Das grob anmutende Bossenwerk von Eckrustika
und Keilsteinwölbung steht im Einklang mit der vertretenen Arbeit
im Bergwerk
Der ornamentale Schmuck, ausgeführt von den Kaiserslauterer Künstlern
Jakob und Karl Menges, besteht aus den Wappen der einzelnen Gruben, Portrait-Medaillons
mit bedeutenden Persönlichkeiten des Bergbaus und 6 Fassadenskulpturen.
Diese stehen auf Podesten zwischen den Fenstern des 2. Obergeschosses
von Eckpavillon und Mittelpavillon Trierer Straße und bezeichnen
damit gleichzeitig herausgehobene Räumlichkeiten im Inneren: Festsaal
und Bibliothek. Den Eckpavillon charakterisieren Bergmann und Hüttenarbeiter,
den Mittelpavillon Trierer Straße Kohlenhauer, Bergwerksdirektor,
Steiger und Gesteinshauer. Alle Figuren tragen die berufstypische Kleidung.
Der Brunnen auf dem Vorplatz hatte als Aufsatz einen Gnom der eine Schale
trägt. Dies wurde als Hinweis auf den Berggeist verstanden.
Im Inneren konzentrierten sich Festlichkeit und Repräsentation auf
den polygonalen Treppenraum, in dem eine dreiarmige Treppe zunächst
auf eine Galerie im 1.Obergeschoss, dann weiter bis ins 2. Obergeschoss
führt und dort den Festsaal (ursprünglich auch die heute nicht
mehr vorhandenen Bibliothek)erschließt.
Die Treppe gehört zu den kostbarsten Innenraumschöpfungen weit
über das Saarland hinaus. Vorbild waren im Krieg zerstörte Treppen
von Schinkel. Die Treppe, deren Läufe von der Wand gelöst sind,
steigt frei im Raum auf. Sie ist aus Gusseisen konstruiert, großartig
geschmückt und wirkt leicht und zierlich. Die ursprüngliche
farbige Fassung - zarte Grün- und Goldtöne - konnte nicht bewahrt
bleiben. Die Treppenstufen waren mit Marmor belegt. Den Treppenraum und
Teile der Erschließungskorridore bedeckt noch heute ein farbiger
Mosaikboden aus Mettlacher Kacheln.
Seit 1962 sind die Bogenfenster auf dem ersten Treppenpodest zu einem
Ehrenmal für die Opfer der Schlagwetterexplosion von Luisenthal und
aller in Ausübung ihres Berufes getöteten Bergleute geworden.
Die Glasmalereien schuf Ferdinand Selgrad.
Die Haustechnik war 1880 ausgesprochen hygienisch, innovativ und nachhaltig.-
Warmluftheizung, Klimaanlage, Wasserversorgung durch Brunnen. Die Bergwerkskasse
war als gesicherte Box im Seitenflügel Reichsstraße untergebracht
und von außen nicht erkennbar. Vor den Bedienstetenwohnungen im
Sockelgeschoss lag ein vertriefter Vorgarten (Licht, Naturraum), die Fußböden
waren gegen Durchfeuchtung abgesichert.
Teile des Mittelpavillons Trierer Straße mit der Bibliothek und
die gesamte links anschließende Rücklage wurden im 2. Weltkrieg
zerstört. Der Teilbereich wurde zwischen 1946 und 1949 vereinfacht
wiederaufgebaut.
1971 planten die Saarbergwerke ein neues Verwaltungsgebäude auf
der Hafeninsel. Die Bergwerksdirektion sollte abgerissen werden und durch
den Bau eines Horten-Warenhauses ersetzt werden. Nach jahrelangen Bürger-,
Denkmalpfleger- und Regierungsbemühungen zogen die Saarbergwerke
1974 ihren Abrissantrag zurück und sanierten das Gebäude. Die
Sandsteinfassaden wurden mit einer stark bindenden Farbe überstrichen,
zitronengelb die Flächen, rötlich alle Details. Die Holzsprossenfenster
wurden durch Alufenster ersetzt. Notwendige Umbauten im Inneren berücksichtigten
die überkommene Gebäudestruktur.
Seit 1978 steht das Gebäude unter Denkmalschutz.
Ende der 1990er Jahre fand eine erneute Sanierung statt. Dabei erhielt
die Bergwerksdirektion den heutigen hellen Farbton.
Eine ausführliche Dokumentation des Gebäudes in: Zwischen Tradition
und Moderne. Gebäude der RAG Saarberg AG im Wandel der Zeit, hrsg.
vom Vorstand der RAG Saarberg AG, Essen 2003.
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